12.02.2025

Emotionale Kompetenz fördern – Gefühle erkennen und ausdrücken - Teil 7

Kinder erleben im Alltag eine Vielzahl von Gefühlen: Freude, Neugier, Angst, Wut oder Enttäuschung. Gerade im Krippenalter fehlen ihnen oft noch die Worte und Strategien, um ihre Emotionen angemessen auszudrücken oder zu regulieren. Die Förderung der emotionalen Kompetenz ist deshalb essenziell, um Konflikte zu vermeiden oder konstruktiv zu bewältigen. In diesem Artikel erfahren Sie, wie Sie Kinder dabei unterstützen können, ihre Gefühle zu erkennen, zu benennen und respektvoll auszudrücken – sowohl in der Kita als auch zu Hause.



Warum ist emotionale Kompetenz so wichtig?

Konfliktprophylaxe und -bewältigung

Kinder, die ihre Gefühle verstehen und benennen können, reagieren weniger impulsiv. Sie sind eher in der Lage, auf andere zuzugehen und Konflikte zu entschärfen. Diese Fähigkeit hilft ihnen nicht nur in der Kita, sondern auch im Familienalltag, z. B. wenn es darum geht, Geschwisterstreitigkeiten zu lösen.


Soziale Entwicklung

Wer die eigenen Emotionen erkennt, kann auch die Gefühle anderer respektieren und Rücksicht nehmen. Das stärkt Empathie und soziale Bindungen – sei es mit Freunden in der Kita oder mit Familienmitgliedern zu Hause.


Selbstwertgefühl

Ein gutes Gespür für die eigene Gefühlswelt ermöglicht es Kindern, sich ernst genommen zu fühlen und selbstbewusster aufzutreten. Eltern können dies unterstützen, indem sie ihrem Kind aktiv zuhören und seine Emotionen wertschätzen.



Alltagssituationen nutzen

Gefühle benennen

  • Sprachlicher Begleiter: Machen Sie Gefühle in alltäglichen Situationen sichtbar. ("Bist du gerade fröhlich, weil du ein neues Spielzeug hast?" / "Emily ist traurig, weil sie hingefallen ist.") Dies funktioniert nicht nur in der Kita, sondern auch zu Hause, z. B. beim gemeinsamen Spielen oder beim Zubettgehen.
  • Emotionen spiegeln: Wenn ein Kind weint, zeigen Sie Verständnis ("Ich sehe, du bist wütend/traurig. Das ist in Ordnung."). Ein beruhigender Satz von Mama oder Papa kann dabei oft mehr bewirken als eine schnelle Ablenkung.

Geschichten und Bilderbücher

  • Gefühlsgeschichten: Es gibt viele Bücher, die sich speziell mit Emotionen beschäftigen (z. b. Emmo und die Emotionen). Beim gemeinsamen Anschauen erkennen Kinder, dass Gefühle normal und veränderbar sind – ein schönes Ritual für Kita und Zuhause.
  • Nachfragen: „Wie fühlt sich die Figur im Buch? Was könnte sie jetzt tun?“ Solche Fragen regen auch zu Familiengesprächen über eigene Emotionen an.

Spiele und Lieder

  • Gefühls-Memory: Karten mit Gesichtern, die verschiedene Emotionen zeigen, helfen Kindern, Gefühle zu erkennen und zu benennen – eine einfache Aktivität für Kita-Gruppen oder für zu Hause. Sie können solche Karten ganz leicht selbst basteln: Zeichnen oder drucken Sie verschiedene Gesichtsausdrücke auf Karton, laminieren Sie sie für eine längere Haltbarkeit und schneiden Sie sie aus. Alternativ gibt es fertige Sets online oder in gut sortierten Spielwarenläden zu kaufen.
  • Lieder und Reime: Musik erleichtert den Zugang zu Gefühlen. Gemeinsames Singen (Wenn du fröhlich bist, dann klatsche in die Hand …) macht Spass und stärkt die Gruppendynamik, egal ob in der Kita oder am Familientisch.


Methoden zur Unterstützung beim Gefühlsausdruck

Gefühlskarten oder Emotionsbarometer

  • Hängen Sie Bildkarten mit verschiedenen Gefühlsausdrücken im Gruppenraum oder in einem Bereich zu Hause auf. Kinder können darauf zeigen („Heute fühle ich mich …“).
  • Ein Emotionsbarometer mit einem beweglichen Zeiger kann Kindern helfen, ihre Stimmung bewusst wahrzunehmen – auch als Morgenritual zu Hause bevor es aus dem Haus geht.

Kreative Ausdrucksformen

  • Malen und Basteln: Farben und Formen ermöglichen es Kindern, Gefühle nonverbal auszudrücken. Lassen Sie Ihr Kind nach einem aufregenden Tag ein Bild malen, um seine Emotionen zu verarbeiten.
  • Tanz und Bewegung: Beim freien Tanzen, Hüpfen oder Stampfen können Kinder ihre Energie und Emotionen herauslassen – ein spielerischer Weg, um Wut oder Freude auszudrücken. Und ja, manchmal darf es dabei auch richtig laut werden! Denn Emotionen wollen nicht immer leise verarbeitet werden – manchmal müssen sie einfach raus! 😊

Rollenspiele

  • Alltagssituationen nachspielen: „Wie fühlt es sich an, wenn ein Freund etwas wegnimmt?“
  • Alternativen erproben: Kinder können verschiedene Reaktionen ausprobieren und deren Folgen erleben. Eltern können dabei helfen, indem sie selbst mitspielen.


Den Umgang mit starken Gefühlen lernen

Wut und Trotz konstruktiv begleiten

  • Ruhig bleiben: Kinder spiegeln oft das Verhalten der Erwachsenen.
  • Alternativen anbieten: Statt um sich zu schlagen, kann das Kind z. B. in ein speziell dafür vorgesehenes Wutkissen boxen oder kräftig stampfen. Ein solches Wutkissen kann gemeinsam gestaltet werden – mit Farben, Stoffmustern oder sogar einem selbst gewählten Namen. Dies gibt dem Kind eine sichere Anlaufstelle für starke Emotionen und hilft, den Umgang mit Wut zu ritualisieren.
  • Klare Grenzen aufzeigen: Gewalt ist nicht akzeptabel, aber das Gefühl selbst darf sein.
  • Hausregel einführen: „Bei uns zu Hause schreien wir nicht, sondern sagen, was uns stört.“

Ängste ernst nehmen

  • Zuhören und bestärken: Ängste gehören zum Aufwachsen dazu. Nähe und Verständnis helfen.
  • Lösungen finden: Ein Nachtlicht, ein Kuscheltier oder Gespräche über Ängste können entlastend wirken.
  • Familienrituale nutzen: Eine „Sorgenkiste“, in die Kinder ihre Ängste malen oder schreiben, kann helfen, sie loszulassen.

Freude und Stolz teilen

  • Positive Gefühle verstärken: Erfolgserlebnisse feiern stärkt das Selbstbewusstsein.
  • Ermutigen: Echte Anerkennung fördert ein positives Selbstbild („Ich sehe, wie viel Mühe du dir gegeben hast!“).
  • Familienzeit geniessen: Gemeinsame Erlebnisse – z. B. eine kleine „Freudenrunde“ beim Abendessen, bei der jedes Familienmitglied etwas Schönes erzählt – stärken die emotionale Bindung.


Die Rolle der Erwachsenen

Vorbild sein

Kinder lernen von Erwachsenen: Wer selbst offen über Gefühle spricht und konstruktiv mit ihnen umgeht, gibt Kindern ein wichtiges Modell.


Einfühlsames Reagieren

Signalisieren Sie, dass alle Emotionen in Ordnung sind. Kinder sollen spüren, dass ihre Gefühle ernst genommen werden – egal ob Wut, Traurigkeit oder Freude. Wichtig ist, ihnen zu vermitteln, dass Emotionen sein dürfen, aber nicht jedes Verhalten daraus resultieren kann. Grenzen sollten sich daher nur auf das Verhalten beziehen (z. B. kein Schlagen), nicht auf das Gefühl an sich. Statt einer blossen Korrektur hilft es, dem Kind alternative Ausdrucksformen zu zeigen: "Ich verstehe, dass du wütend bist. Lass uns gemeinsam überlegen, wie du das ausdrücken kannst, ohne jemandem weh zu tun." So lernt das Kind nach und nach, seine Emotionen in Worte zu fassen und angemessen zu verarbeiten.


Unterstützende Atmosphäre

Schaffen Sie ein Umfeld, in dem Kinder sich trauen, ihre Gefühle zu zeigen – ohne Angst vor Strafe oder Spott. Dies gilt sowohl in der Kita als auch zu Hause.



Fazit

Emotionale Kompetenz hilft Kindern, ihre Gefühle wahrzunehmen, zu benennen und angemessen auszudrücken. Wer früh lernt, mit Emotionen umzugehen, vermeidet eskalierende Konflikte und entwickelt eine offene Kommunikation sowie Empathie. Sowohl der Krippenalltag als auch das Familienleben bieten zahlreiche Gelegenheiten, diese Fähigkeiten zu stärken – von kreativen Spielen bis hin zum bewussten „Gefühlsgespräch“.

Im nächsten Artikel unserer Reihe stellen wir konkrete Hilfsmittel wie Bücher, Spiele und Übungen vor, die Kindern spielerisch helfen, emotionale Kompetenz und Konfliktlösung zu entwickeln.